2021 ist der hundertste Jahrestag der ersten Unterzeichnung der „Roll of Distinguished Philatelists“, daher kehrt die Zeremonie bewusst nach Harrogate zurück, wo die erste Zeremonie 1921 stattfand. Aus diesem Anlass hat der Wahlvorstand beschlossen, eine historische Ungerechtigkeit zu korrigieren. Die Rolle wurde kurz nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufen, als es in Großbritannien starke antideutsche Gefühle gab. Deutschland war eine starke philatelistische Nation mit vielen bedeutenden Philatelisten, aber als die 42 „Väter der Philatelie“ auf die Seitentafeln eingetragen wurden, wurden keine deutschen oder österreichischen Namen ausgewählt. Es gab jedoch einige leere Namensbanner am unteren Ende der Schriftrolle, von denen vier in den 1950er Jahren gefüllt wurden, aber zwei bleiben bis heute leer.

 

Der Wahlausschuss hat mit Unterstützung von Wolfgang Maassen RDP zwei bedeutende Philatelisten ausgewählt, um diese Plätze zu besetzen, einen Deutschen und einen Österreicher. Sie verdienen es zweifellos, als „Väter der Philatelie“ ausgewählt zu werden, aber sie stehen auch stellvertretend für viele ihrer Landsleute, die ebenfalls eine Aufnahme verdienen würden. Es handelt sich um Otto Carl Alfred Moschkau 1848–1912 aus Deutschland und Victor Suppantschitsch 1839–1919 aus Österreich.

 

Otto Carl Alfred Moschkau 1848–1912

Moschkau hatte 1860 mit dem Sammeln begonnen und besaß in den 1870er Jahren mit über 5.000 Briefmarken die wohl umfangreichste Ganze-Weltsammlung Deutschlands, in der angeblich nur drei Briefmarken fehlten. Bereits 1864 inserierte er Briefmarken zum Verkauf und ab 1869 veröffentlichte er regelmäßig philatelistische Artikel. Als er 1870 in Dresden seine Sammlung öffentlich zeigte, war er wahrscheinlich der erste deutsche Aussteller. 1881 stellte er dann auf der WIPA in Wien „Der deutsch-französische Krieg 1871/72“ aus. Er wurde auch einer der ersten in Deutschland, der Briefmarken prüfte.

 

Moschkau wurde 1874 Schriftleiter des Illustrierten Briefmarken-Journals und gab in der Folge viele philatelistische Publikationen und Briefmarkenalben heraus, darunter 1874 das erste deutsche Ganzsachenalbum. Er organisierte die erste internationale Briefmarkenausstellung in Wien 1881. Er war u.a. Gründer des Norddeutschen Philatelistenvereins 1871, frühes Mitglied des Internationalen Philatelistenvereins in Dresden 1877, Gründer des Wiener Philatelistenclubs 1880, dessen erster Sekretär und Ehrenmitglied 1883. Die Société Française de Timbrologie verlieh Moschkau ein Ehrendiplom. Bis in die 1890er Jahre wurden immer wieder Artikel veröffentlicht, die sich auf ihn und sein philatelistisches Wirken beriefen und sein Name genießt bis heute einen hohen Bekanntheitsgrad.

 

Victor Suppantschitsch 1838–1919

Suppantschitsch studierte von 1858 bis 1861 in Wien Rechtswissenschaften und trat 1906 als Präsident des Senats des Obersten Gerichtshofs und des Kassationshofs in den Ruhestand. Seit seiner Schulzeit ein Sammler, erbte er 1863 eine kleine Briefmarkensammlung, die er enorm ausbaute. Er war der erste, der sich für die Schaffung von länderspezifischen Spezialsammlungen einsetzte (1880), aber 1883 trennte er sich von seiner an Raritäten reichen Briefmarkensammlung und widmete sich nur noch der Literatur. Im Jahr 1890 war er Preisrichter bei der Wiener Ausstellung.

 

Ab 1876 veröffentlichte Victor seine Studien regelmäßig und schrieb für eine Reihe von Zeitschriften, insbesondere für die Weltpost, die Wiener Briefmarken-Zeitung und den Philatelist des Internationalen Philatelistenvereins Dresden. Er schrieb zahlreiche philatelistische Bücher, vor allem über philatelistische Literatur. 1913 erhielt er die Lindenberg-Medaille für die Erfassung und Registrierung philatelistischer Literatur, 1918 die Hans-Wagner-Medaille als „bedeutendster philatelistischer Literaturforscher und -kenner“. Seine private Fachbibliothek war mit mehr als 30.000 Einzelstücken, darunter 1.800 Bücher und 27.200 Zeitschriften in mehr als 3.000 Bänden, damals wohl eine der größten der Welt. Seine Erben verkauften seine philatelistische Bibliothek 1922 an Theodore E. Steinway, der sie dem Collectors Club of New York stiftete.

Suppantschitsch war Mitglied im Internationalen Philatelistenverein Dresden, im Deutschen Philatelistenverband (Ehrenmitglied 1895) und wurde 1914 für seine Verdienste um die philatelistische Literatur zum Ehrenmitglied der Royal Philatelic Society London ernannt.

 

Von Chris King RDP, Hon. FRPSL, Wolfgang Maassen RDP, FRPSL, Chris Harman RDP, RNCP, Hon FRPSL, und herausgegeben von Jon Aitchison RNCP, FRPSL, Keeper of the Roll of Distinguished Philatelists.

Otto Carl Alfred Moschkau

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