Geplant war die Vorstellung des Jahrbuchs der Europäischen Akademie für Philatelie (AEP) für die LONDON 2020 mit einem für den Anlass gewählten Rahmenthema: Das britische Empire. Corona machte einen Strich durch die Rechnung.
Opulent illustriert und bestens dokumentiert sind die 18 Beiträge, nur zwei davon aus der Feder von Briten. Mit Briefmarken frankierte britische Briefe in die Altitalienischen Staaten zu einer Zeit, als diese noch keine Postwertzeichen kannten, zeigt Lorenzo Carra (I). Simon Richards (GB) geht der Entwicklung des Postdienstes zwischen den Britischen Antilleninseln und dem Mutterland in der Zeit von 1663–1822 nach. Einige Sendungen, die es während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges durch die britische Blockade schafften, kann Steven Walske (USA) vorstellen. Wie die Briten 1793–1815 Napoleon die Stirn boten und trotz aller Schwierigkeiten die Handelsverbindungen mit dem Kontinent aufrecht hielten, legt Chris King (GB) in einer profunden Studie dar. Auch James Van der Linden (B) wendet sich diesem Zeitraum zu: er befasst sich mit den durch häufige Umwege gekennzeichneten Postrouten jener Tage und erklärt Stempel und Tarife der beförderten Briefe. Sein Landsmann Paul Wijnants erläutert, wie England während des Britisch-Amerikanischen Krieges 1812–1815 Verluste des rückläufigen Postverkehrs durch stark steigende Tarife zu kompensieren versuchte. Yamil Kouri (USA) berichtet über britische Post während der Militärintervention in Veracruz im Jahre 1862. Den ungewöhnlichen Postweg eines Briefes von Marseille nach Santiago de Cuba während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 verfolgt und erläutert Francis Carcenac (F). Alessandro Agostini (I) zeigt die Bedeutung von Brindisi für die Postverbindung in den Orient und vor allem nach Indien auf, und Robert Lisabeth (B) analysiert Transatlantikpost über Großbritannien nach Belgien im 19. Jahrhundert.
Richard Garcia (GBZ) portraitiert die Familie Creswell, die in drei Generationen von 1822–1906 die Post in Gibraltar leitete, und sein zweiter Beitrag erklärt die dortige Verwendung britischer Briefmarken in den Jahren 1850–1875. Nach einer kurzen Periode der Neutralität kämpfte Portugal ab 1916 in seiner ostafrikanischen Kolonie auf Seiten der Alliierten gegen deutsche Truppen, mit seltenen Militärbriefen dokumentiert von Bento G. Dias (P). In einer detailreichen Studie kommentiert Maurice Hadida (F) die 100jährige Postgeschichte Großbritanniens in Marokko (1857–1957). Einen Beleg aus Mashonaland mit Mischfrankatur der Britischen Südafrika-Gesellschaft und Mozambique präsentiert Luis Frazão (P). Zwei Beiträge von Bernard Jutteau (F) entführen den Leser zu britischen Missionaren in den Neuen Hebriden 1843 und zu einem französischen Kriegsgefangenen auf St. Helena während des Zweiten Burenkriegs. Sendungen von den Kanalinseln zum Kontinent während des Zweiten Weltkriegs in Kooperation mit der Deutschen Feldpost nimmt Yves M. Danan (F) unter die Lupe, und Igor Rodin (RU) stellt die erste Frau auf der MIR vor. – Außer der Reihe ein Tribut an ein besonderes Jubiläum: Den 100. Jahrestag der Schlacht um Warschau 1920 würdigen Sławomir Chabros und Jacek Kosmala (PL), indem sie seltenste Briefe und Zeitdokumente präsentieren.
Das Jahrbuch bezeugt die über viele Jahre gleichbleibend hohe Qualität und Vitalität der AEP. Hervorragend die Arbeit des verantwortlichen Redakteurs, Dr. Guy Coutant!
Rainer von Scharpen, AIJP
[Das britische Empire]. 2020, A-4, 242 Seiten, farbige Abb. Softcover. Preis 50 € incl. Porto. ISBN 9-789082-398779. Bestellungen an: Patrick Maselis. E-mail: info@maselis.be
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